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Wir nehmen dankbar Abschied von Heinz Häfner

Heinz Häfner, Gründer und erster Direktor des ZI, ist im Alter von 96 Jahren verstorben. In Dankbarkeit nehmen wir Abschied von einem großen Reformer, Kliniker und Forscher.

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Die Verdienste von Professor Heinz Häfner gehen weit über wissenschaftliche Erkenntnisse hinaus. Sein Engagement hat wesentlich dazu beigetragen, die psychiatrische Krankenversorgung in Deutschland zu modernisieren und auf internationalen Standard zu bringen.

Die Verdienste von Professor Heinz Häfner gehen weit über wissenschaftliche Erkenntnisse hinaus. Sein Engagement hat wesentlich dazu beigetragen, die psychiatrische Krankenversorgung in Deutschland zu modernisieren und auf internationalen Standard zu bringen. Foto © ZI

Professor Dr. Dr. Dr. h.c. mult. Heinz Häfner, Gründer des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit und von 1975 bis 1994 dessen erster Direktor, ist am 30. Mai 2022 im Alter von 96 Jahren an seinem Wohnort in Heidelberg verstorben. Mit dem Zentralinstitut wurde nach jahrelanger politischer Wegbereitung im Jahr 1975 seine Vision einer Verknüpfung von innovativer gemeindenaher psychiatrischer Krankenversorgung, Forschung und Lehre Realität. 

Heinz Häfner wurde am 20. Mai 1926 in München geboren und studierte dort von 1944 bis 1951 Medizin, Psychologie und Philosophie. Die Fächer Medizin und Psychologie schloss er mit einer Doppelpromotion ab. Seine ärztliche Ausbildung begann er im Fach Innere Medizin, der er eine psychiatrische und psychotherapeutische Ausbildung in Tübingen bei Professor Ernst Kretschmer anschloss. Ab 1954 folgte in München die Neurologie. Bereits 1956 veröffentlichte Häfner sein erstes Buch mit dem Titel Schulderleben und Gewissen. 

1958 kam Heinz Häfner zu Professor Walter von Baeyer an die Psychiatrische Klinik der Universität Heidelberg, wo er sich 1960 habilitierte und Oberarzt wurde. 1964 folgte die Ernennung zum außerplanmäßigen Professor. 1965 wurde Häfner zum Leiter der neu geschaffenen Abteilung für Sozialpsychiatrie und Rehabilitation an der Psychiatrischen Klinik der Universität Heidelberg ernannt. Im gleichen Jahr veröffentlichte er die Denkschrift Dringliche Reformen in der psychiatrischen Krankenversorgung der Bundesrepublik. Mitautoren waren Walter von Baeyer und Karl Peter Kisker. Bereits hier formulierte Heinz Häfner seine visionären Gedanken für eine Neustrukturierung der psychiatrischen Versorgung in Deutschland.

1967 erhielt er den Ruf auf den Lehrstuhl für Psychiatrie an der Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg und leitete im Klinikum Mannheim die Sozialpsychiatrische Klinik. Schon sehr früh bemühte er sich um die Psychiatriereform im Nachkriegsdeutschland und die Humanisierung des Umgangs der Gesellschaft mit ihren psychisch Kranken. So war er von 1971 bis 1975 stellvertretender Vorsitzender der Sachverständigenkommission Psychiatrie (Psychiatrie-Enquete) des Bundes und übernahm verschiedene Aufgaben bei der Psychiatriereform in Baden-Württemberg. 

Bereits seit 1963 verfolgte er konkrete Pläne, ein nationales psychiatrisches Forschungsinstitut aufzubauen. Nachdem er die Stadt Mannheim und vor allem den damaligen Bürgermeister für Soziales und Gesundheit Dr. Hans Martini als Partner für Planung und Aufbau gewinnen konnte, gelang Schritt für Schritt, auch dank der Finanzierung durch das Land Baden-Württemberg und die Stiftung Volkswagenwerk, die Realisierung. 1975 konnte im Quadrat J 5 in Mannheim das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit eröffnet werden.

In den 19 Jahren seiner Leitung baute Häfner das Zentralinstitut zu einem bundesweit relevanten Forschungsinstitut auf, das bald in internationale Spitzenränge hineinwuchs. Das ZI wurde zum Zentrum eines modellhaften gemeindepsychiatrischen Versorgungsnetzes mitten in der Stadt mit beispielhaften komplementären Einrichtungen. Unter seiner Leitung gelang es, erfolgreich zwei Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft an das ZI holen. Während seiner Amtszeit wurden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts auf insgesamt 23 Lehrstühle in Deutschland und Europa berufen.

Heinz Häfner erhielt mehrere nationale und internationale Auszeichnungen, unter anderem 1983 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, 1992 die Große Universitätsmedaille der Universität Heidelberg, 1994 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, 1999 den Leader of Psychiatry Award der World Psychiatric Association und 2013 die Griesinger-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN). 2009 wurde ihm die Dr. Hans Martini Medaille für Verdienste um die Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg verliehen. Außerdem war Häfner Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Ehrenmitglied der American Psychopathological Association (APPA), der European Psychiatric Association (EPA), der DGPPN und mehrerer nationaler Fachgesellschaften für Psychiatrie. Auch nach seiner Emeritierung war Häfner als Leiter einer Arbeitsgruppe am ZI, Herausgeber und Mitarbeiter nationaler und internationaler Fachzeitschriften tätig und beriet als Gutachter nationale und internationale Forschungsfördereinrichtungen. 

Sein wissenschaftliches Werk umfasste mehr als 760 Arbeiten, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden. Einen Großteil seines Forscherlebens widmete er der Erforschung der Schizophrenie. Ein weiterer Fokus lag auf der Erforschung der Epidemiologie psychischer Störungen. So untersuchte er beispielsweise das Verteilungsmuster psychischer Erkrankungen in der Stadtbevölkerung Mannheims sowie die Häufigkeit, Verteilung und Ursachen suizidalen Verhaltens in der Bevölkerung. In den letzten Jahren seiner wissenschaftlichen Tätigkeit beschäftigte er sich auch mit historischen Aspekten der Psychiatrie. So erfuhr seine 2008 erschienene Monographie über Ludwig II. von Bayern mit dem Titel "Ein König wird beseitigt" große Resonanz in der Öffentlichkeit. 

Gemeinsam mit Dr. Hans Martini verfasste er 2011 das Buch "Das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit", das den spannenden Weg von der Phase der frühen Pläne bis zur Etablierung des ZI und darüber hinaus beschreibt.

Mit Professor Heinz Häfner verliert die deutsche Psychiatrie einen großen Reformer, Kliniker und Forscher, dessen Verdienste weit über wissenschaftliche Erkenntnisse hinausgehen. Sein Wirken und Engagement haben wesentlich dazu beigetragen, die psychiatrische Krankenversorgung in Deutschland zu modernisieren und auf internationalen Standard zu bringen. Ebenso bedeutend war sein Beitrag zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen in der Öffentlichkeit, für die er sich bis zuletzt in zahlreichen Vorträgen eingesetzt hat.

Heute betrachten wir das ZI und die Haltung, aus der heraus es gegründet wurde, als das lebendige Vermächtnis von Heinz Häfner, das wir dankbar weiterentwickeln dürfen.

Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.



Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) - https://www.zi-mannheim.de