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Konsensus für die Diagnose von Alzheimer veröffentlicht

22 ExpertInnen haben unter ZI-Beteiligung einen Konsensus für die Diagnose von Alzheimer erarbeitet. Dieser stellt die Betroffenen in den Mittelpunkt und unterstützt eine zuverlässige Diagnose.

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Ein älterer, an Alzheimer erkrankter Mann fasst sich an die Schläfe während er von einer Ärztin Zuspruch erfährt.

Durch die Bündelung von Fachwissen zu Alzheimer konnte eine Referenznorm geschaffen werden, die für alle ÄrztInnen in Europa von Nutzen sein wird. Foto: stock.adobe.com © Robert Kneschke

Die ExpertInnen von elf europäischen wissenschaftlichen Vereinigungen und Organisationen haben sich zusammengeschlossen, um Empfehlungen für den wirksameren und individualisierten Einsatz von Biomarkern für die Diagnose der Alzheimer-Erkrankung zu erarbeiten. Das Ergebnis ist ein Konsensus, der als ein Wendepunkt in den derzeit angewandten Ansätzen bezeichnet werden kann. Die ÄrztInnen rücken nun noch stärker die Betroffenen in den Mittelpunkt ihrer diagnostischen Überlegungen – und nicht die Krankheit oder einen Test. Die Erarbeitung des Konsensus wurde von einem Team des Universitätsspitals Genf (HUG), der Universität Genf (UNIGE) und des Nationalen Forschungszentrums für Alzheimer-Krankheit (IRCCS) in Brescia koordiniert. Ihre Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift The Lancet Neurology veröffentlicht.

Auf den Einzelfall ausgerichtet

Die Arbeitsgruppe, der auch Prof. Dr. Lutz Frölich, Leiter Abteilung Gerontopsychiatrie am ZI, angehörte, hat einen auf den Einzelfall ausgerichteten Diagnosepfad definiert, der es ermöglicht, je nach Symptomprofil die richtigen Tests zu bestimmen. Er ist in Gedächtniskliniken leicht anzuwenden und ermöglicht eine äußerst zuverlässige Diagnose. Der Diagnosepfad wurde auf der Grundlage der wissenschaftlichen Literatur und der praktischen Erfahrung der ExpertInnen entwickelt. Nachdem ein/e Spezialist/-in die Beschwerden untersucht, Gedächtnistests durchgeführt und ein MRT des Gehirns vorgenommen hat, kann er/sie diese Empfehlungen nutzen, um den Fall einem der elf definierten Phänotypen (Erscheinungsformen der Erkrankung) zuzuordnen und dann mit den von den internationalen ExpertInnen empfohlenen Tests nach Biomarkern zu suchen. 

„Mit der hier ausgearbeiteten Abfolge der diagnostischen Untersuchungen wird eine ‚Best Practice‘-Vorgehensweise vorgestellt. Diese optimiert Effizienz und Aufwand bei der Differentialdiagnostik kognitiver Störungen im Alter“, sagt Prof. Dr. Lutz Frölich. „Sie entspricht den Empfehlungen der neuen S3 Leitlinie Demenzen der Fachgesellschaften DGPPN und DGN, die kürzlich für Deutschland vorgestellt wurde.“

Der Mensch im Fokus

Ziel des diagnostischen Pfads ist es, die derzeitigen Einschränkungen der Empfehlungen und Leitlinien für die Diagnose der Alzheimer-Krankheit zu überwinden. Letztere konzentrieren sich hauptsächlich auf die Krankheit selbst oder auf Biomarker und weniger auf den betroffenen Menschen. Die meisten dieser Empfehlungen berücksichtigen nämlich weder die zahlreichen Diagnosemöglichkeiten noch die Tatsache, dass es mehrere Tests gibt, die gleichzeitig oder nacheinander durchgeführt werden können. Der von den ExpertInnen entwickelte Diagnosepfad wird den Klinikern helfen, den aussagekräftigsten Biomarker für die häufigsten klinischen Fälle zu bestimmen.  

Methode

Um diesen Konsens zu erreichen, haben die ExpertInnen den partizipativen Delphi-Ansatz angewandt. Diese Methode ermöglicht es, den Unterschied in der Wirksamkeit eines Tests im Vergleich zu einem anderen in verschiedenen Situationen zu vergleichen. Sie besteht darin, die Meinung der Fachleute zu den untersuchten Merkmalen zu messen und nur die Meinungen zu berücksichtigen, die einen Konsens von über 70 Prozent erreichen – und somit als sehr wahrscheinlich gelten. 

Durch die Bündelung des Fachwissens konnte eine Referenznorm geschaffen werden, die für alle ÄrztInnen in Europa von Nutzen sein wird. Es obliegt nun den staatlichen Gesundheitsbehörden, den Anbietern von Gesundheitsleistungen, den medizinischen Verantwortlichen und den Krankenversicherungen, sie in ihrem jeweiligen Land umzusetzen. 

Publikation
Frisoni Giovanni B et al.: European intersocietal recommendations for the biomarker-based diagnosis of neurocognitive disorders. The Lancet Neurology. 2024. Doi: 10.1016/S1474-4422(23)00447-7
https://doi.org/10.1016/S1474-4422(23)00447-7

Weitere Informationen: www.thelancet.com/podcasts



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