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Stress verstärkt Schmerzen und erschwert die Gefühlsregulation

Eine Studie zeigt, dass Menschen mit Depression und Fibromyalgie nahezu identische Muster einer gestörten Gefühlsregulation aufweisen und dass Stress Schmerzen und Stimmung deutlich verschlechtert.

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Eine Frau mittleren Alters hält sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Nacken.

Die Wechselwirkung von Stress und Schmerz bei Depression und Fibromyalgie besser zu verstehen, ist ein wichtiger Schritt für eine wirksame Behandlung. Foto: stock.adobe.com © fizkes

Eine neue Studie unter Federführung des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit zeigt, dass Menschen mit Depression und Fibromyalgie nahezu identische Muster einer gestörten Gefühlsregulation aufweisen und dass Stress in beiden Gruppen Schmerzen und Stimmung deutlich verschlechtert. Die Ergebnisse verdeutlichen die enge Verflechtung von Schmerz, Stress und Emotionen und unterstreichen die Bedeutung psychotherapeutischer Behandlungsansätze.

Starke Beeinträchtigungen im Alltag

Fibromyalgie ist eine chronische Schmerzerkrankung, die durch generalisierte Beschwerden in Muskeln sowie Sehnen und Bändern gekennzeichnet ist. Wie Depression zählt sie zu den häufigsten Ursachen für starke Beeinträchtigungen im Alltag. Beide Erkrankungen treten zudem oft gemeinsam auf und können sich gegenseitig verstärken.

Eine aktuelle Studie, an der Forschende des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim, der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg sowie der Universitätsklinika Heidelberg und Mainz beteiligt waren, zeigt, dass Patientinnen und Patienten mit Fibromyalgie ebenso wie Personen mit Depression unter vergleichbaren Schwierigkeiten in der Regulation ihrer Gefühle leiden. Sie grübeln verstärkt, machen sich häufiger selbst Vorwürfe und haben Probleme, Emotionen angemessen zu steuern. Stress wirkt dabei als zentraler Verstärker: Er verschlimmert sowohl Schmerzen als auch depressive Stimmung.

Stress als Verstärker von Schmerz und Depression

„Unsere Daten zeigen eindrücklich, dass Schmerz und Stimmung untrennbar miteinander verbunden sind und dass Schwierigkeiten in der Emotionsregulation beide Krankheitsbilder prägen“, sagt Prof. Dr. Dr. Heike Tost, Leiterin der Arbeitsgruppe Systemische Neurowissenschaften in der Psychiatrie (SNiP) am ZI und Letztautorin der Studie. Im Alltag zeigte sich ein eindeutiger Zusammenhang. Belastende Situationen führten nicht nur zu schlechterer Stimmung, sondern auch zu einer deutlichen Zunahme der Schmerzintensität. Dies war bei Menschen mit Fibromyalgie ebenso zu beobachten wie bei Personen mit Depression. Viele Betroffene erleben diesen Teufelskreis täglich.

Um diese Wechselwirkungen umfassend abzubilden, kombinierten die Forschenden mehrere Methoden. Die Teilnehmenden beantworteten wissenschaftliche Fragebögen, berichteten per Smartphone mehrmals täglich über ihr aktuelles Befinden und wurden im MRT untersucht. Dabei zeigte sich unter anderem, wie gut sie ihre emotionale Reaktion regulieren konnten und wie aktiv dabei die Amygdala war. Die Amygdala ist eine zentrale Hirnregion für die Bewertung emotionaler Reize. Bei Personen mit Fibromyalgie zeigte sich zusätzlich eine erhöhte Empfindlichkeit schmerzverarbeitender Gehirnareale. Dies liefert einen möglichen Erklärungsansatz dafür, warum Schmerzen in dieser Gruppe häufig intensiver und anhaltender erlebt werden.

„Stress erhöht den Schmerz und Schmerz erhöht den Stress. Diese Wechselwirkung zu verstehen, ist ein wichtiger Schritt für eine wirksame Behandlung“, sagt Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, Direktor des ZI und Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie.

Neue Perspektiven für Behandlung und Prävention

Die Studie belegt die hohe Relevanz psychotherapeutischer Verfahren, die gezielt auf eine Verbesserung der Emotions- und Stressregulation abzielen. Solche Ansätze könnten die Behandlung sowohl bei chronischen Schmerzen als auch bei Depression weiter verbessern.

Aufbauend auf den aktuellen Erkenntnissen startet nun eine Folgestudie, in der eine innovative Kurzintervention zur Stressreduktion erprobt wird. Das Verfahren orientiert sich an EMDR („Eye Movement Desensitization and Reprocessing“) und nutzt augengeleitete Desensibilisierung, um emotionale Belastungen schneller abzubauen. Ziel ist zu prüfen, ob sich dadurch Fehlregulationen im Gehirn gezielt beeinflussen und der Teufelskreis aus Schmerz und Stress nachhaltig durchbrechen lässt.

Interessenten können sich über diesen Link anmelden und einen Fragebogen ausfüllen. Das Studienteam meldet sich dann und prüft die Eignung für die Studie. Anmelden können Sie sich hier. 

Weitere Informationen:

Die vorliegenden Ergebnisse der Studie sind Teil des Sonderforschungsbereichs SFB1158 „Von der Nozizeption zum chronischen Schmerz“ an der Universität Heidelberg. Weitere Informationen zum SFB: https://sfb1158.de/

Publikation

Renz MP, Schmidt H, Drusko A, Berhe O, Zidda F, Sebald C, Andoh J, Wieland S, Tesarz J, Treede RD, Meyer-Lindenberg A, Tost H. Neural, psychological, and daily life evidence for a transdiagnostic process of affective dysregulation in depression and chronic widespread pain. Pain. 2024. DOI: 10.1097/j.pain.0000000000003800.



Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) - https://www.zi-mannheim.de